Unterbewertung von Aktien nutzen
Wer rentable Geldanlagen sucht und sich auf dem Aktienmarkt orientiert, sucht oft gezielt unterbewertete Aktien, die hohes Kurssteigerungspotential bieten. Dieser Investmentansatz wird als „Value Investing“ bezeichnet und geht auf ein 1949 erschienenes Buch mit dem Titel „The Intelligent Investor“ zurück, das vom us-amerikanischen Börsenexperten Benjamin Graham verfasst wurde. Heute wird als Vertreter dieser Investmentstrategie oft der berühmte US-Investor Warren Buffett genannt. Dabei besteht diese Anlagemethode darin, Aktien ausfindig zu machen, die aufgrund ihres aktuellen Kurses weniger kosten, als es ihrem wahren inneren Wert entspricht.
Als unterbewertete Aktien werden gezielt solche Anteilsscheine ausgewählt, deren Kurs aus verschiedensten Gründen hinter ihrem tatsächlichen Wert zurückliegt. Oft handelt es sich dabei um Aktien junger Unternehmen, deren Börsenperformance noch hinter dem in ihnen steckenden Kurzpotential zurückbleibt, weil der Markt dieses noch nicht erkannt hat. Meist sind dies Firmen, bei denen große Fortschritte in der Produktentwicklung oder im Vertrieb kurz bevorstehen, die jedoch noch nicht in den aktuellen Kurs eingepreist sind. Daneben tritt eine Unterbewertung häufig dadurch ein, dass die Kurse von Aktien einer bestimmte Branche pauschal in einen Abwärtstrend geraten, obwohl die Fundamentaldaten einzelner Papiere entgegen dieser Marktentwicklung positiv sind. Nicht selten gibt es auch unterbewertete Aktien bei solchen Unternehmen, die sehr substanzstark sind, aber aufgrund einer in jüngerer Zeit schwachen Kursentwicklung und Dividendenzahlung trotz stimmiger Fundamentaldaten ins Abseits geraten sind.
Der klassische Fall eines Investments in unterbewertete Aktien ist dann gegeben, wenn sich ein Unternehmen nach einer Phase der unterdurchschnittlichen Performance in einer Turn-Around-Situation befindet. Dies ist dann der Fall, wenn die Analyse eines Titels erkennen lässt, dass aufgrund objektiver Umstände berechtigte Erwartungen im Hinblick auf eine wesentliche Verbesserung der Kursentwicklung bestehen. Meist haben solche grundsätzlich soliden Unternehmen Verlustphasen oder schwache Gewinne über ein oder sogar mehrere Geschäftsjahre hinter sich, bieten jedoch aufgrund von positiven Änderungen in der Geschäftssituation die Perspektive für eine Rückkehr in die Gewinnzone oder für eine deutliche Gewinnsteigerung. Häufig haben solche Unternehmen eine Restrukturierung mit dem Ziel der Kosteneinsparung hinter sich oder setzen auf neue, innovative Produkte oder Vertriebskanäle.
Die Unterbewertung von Aktien erkennen
Wer sich für ein Investment in unterbewertete Aktien entscheidet, steht meist vor dem Problem, eine solche Unterbewertung frühzeitig zu erkennen, bevor der Markttrend sich ändert und eine Kurssteigerung einsetzt. Dabei ist davon auszugehen, dass die Börse solche Turn-Around-Situationen meist mit einem Vorlauf von sechs bis neun Monaten antizipiert, sodass es auf ein rechtzeitiges Erkennen derartiger Gelegenheiten ankommt. Gesellschaften, die sich mit der Verwaltung von Fonds befassen, unterhalten zu diesem Zweck meist eigene Analyseteams, die häufig die Fundamentaldaten interessanter Unternehmen eingehend prüfen und sich häufig auch auf Chartanalysen stützen. Als Privatanleger sollten Sie das Sie interessierende Unternehmen mit anderen Unternehmen der selben Branche vergleichen. Für eine Geldanlage eignen sich dabei stets solche Aktien, die im Branchenvergleich fundamental niedrig bewertet werden.
Wichtigster Vergleichsmaßstab ist dabei zumeist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Dieses trifft eine Aussage darüber, in welchem Verhältnis der jeweils aktuelle Börsenkurs zum Bilanzgewinn des Unternehmens steht. Als Ergänzung, gegebenenfalls auch als Korrektiv, kann das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) eingesetzt werden. Dies ist besonders dann empfehlenswert, wenn das zu beurteilende Unternehmen keine oder nur äußerst geringe Gewinne erzielt, jedoch aufgrund besonderer Umstände, etwa wegen großen Immobilienbesitzes, sehr substanzstark ist. Ein anderer Bewertungsmaßstab ist die Price-Earnings-Growth-Ratio (Preis-Wachstums-Verhältnis), die besonders dann aussagekräftig ist, wenn ein Unternehmen eine besonders hohe Wachstumsdynamik besitzt. Alle drei Vergleichsmaßstäbe eignen sich dazu, die jeweilige Aktie im Verhältnis zur Aktie konkurrierender Unternehmen zu betrachten. Dabei ersetzen die Ergebnisse eines solchen Vergleichs nicht die Fundamentalanalyse, die gegebenenfalls durch eine Chartanalyse zu untermauern ist. Ein Investment kann umso erfolgreicher sein, je negativer der Kursverlauf einer Aktie in der Vergangenheit gewesen ist. Deshalb ist die Ermittlung der Ursache dieser Entwicklung umso wichtiger.